Multi-Millionen Klage gegen Bird & Bird

Die Millionenklage zahlreicher Wölbern-Fonds gegen die Kanzlei Bird & Bird hat auch im Untreueprozess gegen Ex-Wölbern-Chef Schulte eingeschlagen. Dessen Anwälte wittern Morgenluft.

Die Mammutklage gegen die internationale Anwaltskanzlei Bird & Bird im Anlageskandal um das Fondshaus Wölbern Invest hat auch im Prozess gegen Ex-Wölbern-Invest-Chef Heinrich Maria Schulte einigen Staub aufgewirbelt. Aus Äußerungen verschiedener Prozessbeteiligter am heutigen Montag im Gerichtssaal geht hervor, dass diese von der Klage offensichtlich ziemlich überrascht wurden.

Die Verteidiger Schultes knüpfen an die mehr als 260 Seiten starke Klageschrift offenbar neue Hoffnungen für ihren Mandanten. In dem Papier stehe vieles, das auch für den Schulte-Prozess relevant sei, sagten Schultes Anwälte im Gerichtsaal.. Allerdings sei das Papier so umfangreich, dass die komplette Lektüre und Auswertung einige Zeit beanspruche. Zudem fehlen allen Prozessbeteiligten bislang offenbar die umfangreichen Anlagen zu der Klageschrift, ohne die diese kaum richtig zu verstehen und einzuordnen sei.

Über die Schadensersatzklage gegen Bird & Bird hatte das manager magazin online exklusiv vorab aus seiner neuen Ausgabe berichtet, die sich seit dem vergangenen Freitag im Handel befindet. Mit dem Schriftstück, das der Redaktion vorliegt, fordern rund 30 Immobilienfonds von Wölbern-Invest mindestens 130 Millionen Euro Schadensersatz von Bird & Bird sowie drei teils ehemaligen Anwälten des Hauses.

Wie aus einer inzwischen verbreiteten Presseerklärung des Fondshauses Paribus hervorgeht, wird der Gesamtstreitwert von dessen Seite vorläufig auf rund 166 Millionen Euro taxiert. Paribus hatte das Management der Immobilienfonds von Wölbern Invest übernommen, nachdem das Wölbern in die Insolvenz gerutscht war. In dieser Rolle wirkt Paribus nun als treibende Kraft hinter dem Begehren der Wölbern-Fonds.

Rolle von Bird & Bird soll aufgeklärt werden

Der Grund für die Schadensersatzforderung der Fonds gegen die weltweit tätige Sozietät Bird & Bird läst sich kurz zusammenfassen: In den Kassen vieler der Beteiligungsgesellschaften klaffen gewaltige Löcher, mehrere mussten bereits Insolvenz beantragen. Mitverantwortlich dafür sind nach Ansicht der Kläger die Anwälte von Bird & Bird. Denn diese hätten Ex-Wölbern-Chef Schulte bei dessen umstrittenen Finanztransfers, die letztlich zur prekären Lage der Fonds geführt hätten, eng beraten und müssten sich zahlreiche Verfehlungen anlasten lassen. Bird & Bird teilte dazu auf Anfrage mit, man sehe keine Grundlage für die Klage und würde sich “mit allen rechtlich verfügbaren Mitteln entschieden zur Wehr setzen”.

Die Argumentation der Fonds hatte sich in der Vergangenheit allerdings auch schon mehrfach Professor Schulte im Gerichtssaal zu eigen gemacht. Schulte steht seit Mai vergangenen Jahres in Hamburg vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn der gewerbsmäßigen Untreue in mehr als 300 Fällen. Fast 150 Millionen Euro soll er zwischen August 2011 und September 2013 unrechtmäßig aus geschlossenen Wölbern-Fonds zweckentfremdet haben. Schulte weist die Vorwürfe zurück.

Auch am heutigen Verhandlungstag betonten Schultes Anwälte, es gehe nach wie vor darum, die Rolle der Anwälte von Bird & Bird in der Causa Wölbern aufzuklären. Bislang hätten sich die Juristen der Kanzlei allerdings jeglicher Mitarbeit an dieser Aufklärungsarbeit im Prozess entzogen.

Tatsächlich traten im Gerichtsaal bereits dreimal Anwälte in den Zeugenstand, die Wölbern Invest in der fraglichen Zeit von 2011 bis 1013 im Namen von Bird & Bird beraten hatten. Dabei handelt es sich um den inzwischen bei der Kanzlei ausgeschiedenen Frank Moerchen, der gleich zweimal erscheinen musste, sowie um Ole Brühl, der nach wie vor für Bird & Bird tätig ist. Beide Juristen verweigerten bislang jede Aussage.

Ein ehemaliger Bird & Bird-Anwalt wäre bereit, als Zeuge auszusagen

Zufall oder nicht: Beide Anwälte werden auch namentlich von den Wölbern-Fonds in ihrer Schadensersatzklage beklagt, wozu sich auf Anfrage keiner von beiden äußerte.

Für Schultes Anwälte jedenfalls steht vor dem Hintergrund fest: Die nun aufgetauchte Zivilklage gegen Bird & Bird ist eine “wesentliche Quelle der Erkenntnis”. Viele der Ereignisse, um die es im Verfahren gegen Schulte gehe, würden darin ausführlich dargestellt, so Schultes Verteidiger Thomas Hauswaldt. Dabei erscheine einiges in neuem Licht, zudem kämen zum Teil auch neue Details ans Tageslicht. Es sei daher für den Angeklagten dringend erforderlich, ausreichend Zeit zu bekommen, um sich mit der Klageschrift beschäftigen und diese mit seinen Anwälten besprechen zu können.

Ob Schulte diese Zeit bekommen wird, ist noch offen. Der vorsitzende Richter Peter Rühle sagte zu, das Anliegen prüfen zu wollen. Noch nicht klar ist bislang zudem auch, ob ein weiterer ehemaliger Anwalt von Bird & Bird im Gerichtssaal als Zeuge auftreten wird.

Ex-Bird & Bird-Mann Thomas Demmel, der ebenfalls in der Klage der Wölbern-Fonds namentlich genannt wird, war bereits als Zeuge geladen. Wie Demmel gegenüber manager magazin online sagte, würde er im Schulte-Prozess durchaus Frage und Antwort stehen und keineswegs versuchen, dies mit dem Verweis auf ein mögliches Auskunftsverweigerungsrecht zu vermeiden.

Ob er dazu tatsächlich Gelegenheit bekommen wird, ist jedoch noch nicht entschieden. Denn ein Hindernis ist noch nicht aus dem Weg geräumt: Ausgerechnet die Wölbern-Fonds, die Demmel und seine ehemaligen Kollegen von Bird & Bird zivilrechtlich verklagt haben, lehnen es bislang ab, ihn für den Strafprozess gegen Schulte von seiner anwaltlichen Schweigepflicht zu entbinden.

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