Neue Bankenkrise? : Die Ampelkoalition warnt vor Panik

Der Bundesfinanzminister hat schnell abgewiegelt. Christian Lindner sieht die Stabilität des deutschen Finanzsystems durch die Krise bei der Credit Suisse und die Pleiten bei kleineren US-Banken nicht als gefährdet an. „Wir können sehr klar sagen: Das deutsche Kreditwesen ist stabil“, sagte er am Mittwochabend in der ARD-Sendung „Maischberger“, als der Kurssturz an den Börsen gerade erst vorüber war.

Lindner verwies auf die Finanzaufsicht, also die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).  Die hatte allerdings in der Wirecard-Affäre nicht die beste Figur gemacht. „Und wir haben die Bundesbank, die ebenfalls eine stabilitätspolitische Tradition hat“, fügte der Finanzminister noch hinzu.

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Doch darf man davon ausgehen, dass in seinem Ministerium, bei der Bafin und der Bundesbank derzeit die Leitungen glühen, um einen Überblick zu bekommen, wie toxisch die beiden Vorkommnisse in den USA und der Schweiz sein könnten.

„Wichtige Regulierungsschritte“

Vorerst herrscht in der Koalition gespannte Aufmerksamkeit, aber ohne Panik. Die Grünen-Abgeordnete Katharina Beck, Vizevorsitzende im Finanzausschuss des Bundestags, ist der Ansicht, dass sich die aktuelle Situation nicht mit dem Beginn der großen Finanzkrise 2008 vergleichen lasse. Der Unterschied: Seither seien „wichtige Regulierungsschritte“ unternommen worden. Dadurch seien die europäische Banken heute besser aufgestellt und die Finanzaufsicht könne deutlich effektiver agieren, wie sie dem Tagesspiegel sagte.

Auch FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer fühlt sich nicht an 2008 erinnert. „Wir sollten jetzt keine neue Finanzkrise herbeireden“, sagte er dem Tagesspiegel. „Die deutschen Banken sind stabil.“ Sein Fraktionskollege Markus Herbrand verweist darauf, dass die Bafin mit einem Veräußerungs- und Zahlungsverbot sowie der Schließung des Kundenverkehrs mit der Silicon Valley Bank „zügig und richtig“ reagiert habe.  

Zusammenhang mit der Zinswende

Herbrand verweist auf den Zusammenhang mit der Zinswende. Die milliardenschweren Anleihenkäufe der EZB hätten „den Kreislauf von Risiko und Zinsen jahrelang ausgehebelt“. Seine Folgerung: „Wir müssen endlich wieder zu einer soliden Geldpolitik zurückkehren und müssen dafür auch die Nebenwirkungen von negativen Entwicklungen in der Bankenlandschaft akzeptieren.“

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Die Grünen-Politikerin Beck sieht mit Sorge, dass zur Stabilisierung in den USA und der Schweiz „wieder staatliche Sondermaßnahmen nötig sind und Liquiditätsrisiken der Banken durch den Staat abgesichert werden müssen“.

Auch in Deutschland müssten jetzt noch bestehende „blinde Flecken der Finanzmarktregulierung“ geschlossen werden, sagte Beck. Das Finanzministerium müsse die vereinbarte Regulierung des Schattenbankensektors „endlich prioritär angehen“ und die BaFin mit den nötigen Instrumenten ausstatten, um solchen Situationen im Vorfeld begegnen zu können.

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